Bodengutachten werden auch Baugrundgutachten genannt. Da solche Gutachten rechtlich nicht verpflichtend sind (wie z.B. ein Standsicherheitsnachweis) wird häufig darüber diskutiert, ob das wirklich notwendig ist. Mit dieser Frage wollen wir uns heute beschäftigen.
Für wen kommt ein Bodengutachten in Frage?
Bei Umbauten im Bestand kann man sich das Geld für derartige Untersuchungen sparen, wenn die Gebäudehülle nicht verändert wird. Bei einem Gartenschuppen beispielsweise steht der Aufwand eines Bodengutachtens wohl auch nicht im Verhältnis zu dessen Nutzen. Daher stellen sich vor allem bei Neubauten viele Bauherren die Frage der Notwendigkeit eines Baugrundgutachtens.
Dabei wird häufig das Argument verwendet, dass man ja Schlüsse daraus ziehen kann, wenn der Nachbar schon gebaut hat und ein Bodengutachten anfertigen hat lassen. Dann müsste man selbst doch den gleichen Bodenaufbau haben, oder? Es ist in der Tat so, dass man auf der Nachbarbaustelle häufig einen ähnlichen Aufbau vorfindet als beim eigenen Grundstück. Aber Achtung: Ähnlich heißt nicht zwingend gleich!
Beauftragen muss dieses Gutachten der Bauherr selbst. Allerdings tut man auch als Planer oder ausführende Firma gut daran den Bauherren darauf hinzuweisen, dass es ein derartiges Gutachten gibt und welche Vor- und Nachteile (Kosten) er davon hat. Damit stellt man sicher, dass man zufriedene Kunden hat, die sich vom Baupartner gut beraten fühlen. Zudem hat man im späteren Verlauf weniger Probleme zu erwarten.
Welchen Inhalt hat ein Bodengutachten?
Informationen zum Grundwasser
- Der Grundwasserstand bzw. Höchst- und Niedrigststände haben Auswirkungen auf die Auswahl einer geeigneten Bauwerksabdichtung / Kellerabdichtung (Wanne)
- Die Wasserdurchlässigkeit des Bodens wirkt sich u.a. darauf aus, ob man ein Drainagensystem benötigt oder nicht
- Aussagen über den pH-Wert des Wassers lassen auf den Säuregehlt schließen. Wenn z.B. festgestellt wird, dass Torfschichten im Boden vorhanden sind, muss man davon ausgehen, dass das Grundwasser einen niedrigen pH-Wert hat. Es sit somit sauer und dementsprechend müssen die Materialien wie Beton (Betongüte etc.) im Zuge des Planungs- und Bauprozesses ausgewählt werden.
Informationen über die Frostempfindlichkeit des Bodens
Die Frostempfindlichkeit des Bodens gibt Aufschlusss darüber, wie weit die Fundamente in die Tiefe gehen müssen und ob sog. Frostschürzen nötig sind. Bei bindigen Böden (wie Lehm) sind Kapillareffekte zu berücksichtigen. Gründet man nicht tief genug, kann es zu Hebungen kommen. Wassser läuft unter das Fundament und gefriert dort. Das Eis hat im Gegensatz zum Wasser ein größeres Volumen. Bei der Ausdehnung wird das Fundament gehoben. Dies ist im Prinzip eine Setzung nur in die andere Richtung und deshalb sind auch hier Risse sind zu erwarten.
Angaben zur Gründung
Die festgestellten Bodenkennwerte (auf die wir hier nicht explizit eingehen wollen) haben Auswirkungen darauf, ob Lasten, die vom Bauwerk in den Boden abgeleitet werden nicht, ohne übermäßige Setzungen aufgenommen werden können. Kommt es zu Setzungen , sind diese im Idealfall gleichmäßig (Spannungen werden vermieden). Es ergeben sich aus den festgestellten Kennwerten ggf. zudem weitere Maßnahmen wie eine Bodenverbesserung oder die Auswahl anderer Gründungen (z.B. Pfahlgründung statt Streifenfundament)
Angaben zum Bauablauf (Erdbau)
Durch die festgestellte Bodenklasse können Böschungswinkel für die Baugrube und ggf. weitere Sicherungsmaßnahmen vorab festgelegt werden. Bei hohen Grundwasserständen ist die Wasserhaltung während der Bauzeit zu betrachten. Diese Angaben können dann bereits monetär ins Angebot eingehen und vermeiden somit nachträgliche Kostenerhöhungen.
Darüber hinaus können weitere Berechnungen wie Setzungsberechnung oder Grundbruchberechnungen notwendig werden. Das weitere Vorgehen wird also ebenfalls in einem Gutachten festgelegt. Das trifft auch zu, wenn Altlasten im Boden festgestellt wurden.
Wieso ist ein Bodengutachten sinnvoll?
In vielen Fällen geht’s auch ohne Bodengutachten gut. Falls es mal nicht gut geht, kann es aber u.U. richtig teuer werden.
Das Baugrundrisiko trägt dabei der Bauherr. Aber was heißt das jetzt konkret? Hierzu möchten wir zwei Beipiele aus der Baupraxis anführen:
Beispiel 1: Nachvergütung
Häufig wird bei Bauverträgen die VOB/B zugrunde gelegt und gemäß dieser hat der Unternehmer u.a. einen Nachvergütungsanspruch (umgangssprachlich auch unter Nachtrag bekannt) bei unvorhergesehen Unannehmlichkeiten aus dem Baugrund. Wir unterstellen in unserem Beispiel dem Unternehmer, dass er betriebswirtschaftlich clever agiert und dass er aufgrund benachbarter Baustellen schon weiß (natürlich nur inoffiziell), dass hier vermutlich die Bodenklasse 6 (Fels) beim Baugrubenaushub zum Vorschein kommt. Er bietet allerdings nur Bodenklasse 1-5 (lösbare Bodenarten) als Einheitspreis in seinem Angebot an und definiert die Bodenklassen (6-7) als Eventualposition mit überhöhtem Preis. Diese Eventualposition geht also erstmal nicht in die Angebotssumme ein. Der Bauunternehmer kann am Ende aber den Aushub von Bodenklasse 6 abrechnen. Das kann teuer werden! Mit einem Baugrundgutachten hätte das vermieden werden können.
Beispiel 2: Gewährleistung
In der oben genannten VOB werden auch die Bestimmungen zur Gewährleistung festgesetzt. In der Regel betragen die Fristen 4 Jahre. Wir nehmen an, dass das Bauwerk fertiggestellt wird und bei der Abnahme ist alles in Ordnung. Die Abnahme erfolgt daher reibungslos. Doch nach ein paar Monaten entstehen die ersten feinen Risse in der Fassade. Als die Risse zu groß werden, kontaktiert der Bauherr die ausführende Firma, dass der Schaden repariert werden soll. Es wird jedoch festgestellt, dass sich die Risse aufgrund des Setzungsverhaltens des Bauwerkes bilden. Diese können zum Einen richtig breit werden und zum Anderen sind die Risse aufgrund des vom Bauherrn zur Verfügung gestellten Baugrundes entstanden. Kann der Bauherr nicht nachweisen, dass der Unternehmer Kenntnis von den suboptimalen Baugrundverhältnissen gehabt hat, wird er auf den Kosten zur Mängelbeseitigung sitzen bleiben. Sollte der Bauherr davon ausgehen, dass die Risse andere Ursachen haben, muss er das nachweisen können, da die Abnahme bereits erfolgt ist.
Es lassen sich also sowohl finanzielle Überraschungen als auch technische Mängel durch die Beauftragung eines Bodengutachtens vermeiden. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit, dass es hinterher zu einem Rechtsstreit mit unklarem Ausgang kommt, ebenfalls vermindert. Das wären für uns gute Gründe ein Gutachten durchführen zu lassen.
Was kostet ein Baugrundgutachten?
Pauschal kann man diese Frage leider nicht beantworten. Allerdings bewegt sich die Preisspanne in der Regel zwischen einem hohen dreistelligen bis zu einem niedrigen vierstelligen Betrag. Betrachtet man die die Risiken finanzieller Natur, die man eingeht, falls man das Bodengutachten nicht durchführen lässt, ist das Gutachten aus unserer Sicht das kleinere Übel. Diese Entscheidung muss allerdings jeder für sich selbst treffen.
Was hat das ganze mit Nachhaltigkeit zu tun?
Nachhaltige Bauwerke überdauern lange Zeit. Diesen langen Lebenszyklus zu erreichen gelingt allerdings nur, wenn man die Schäden am Bauwerk so gering wie möglich hält. Das Baugrundgutachten ermöglicht, dass die richtigen Gründungsformen (Fundamente) gewählt werden, dass die richtigen Materialien ausgewählt werden können, dass eine geeignete Form der Kellerabdichtung gewählt wird und dass die Arbeitssicherheit auf der Baustelle gewährleistet werden kann. Viele dieser Punkte können verhindern, dass am Bauwerk Schäden entstehen. Sie sind somit für die Langlebigkeit von Bauwerken (mit) verantwortlich.
In diesem Sinne, schafft mit eurer grünen Stimme…